Die letzte der drei Grundschulen, die ich auf Kuba gemeinsam mit meinem Freund besuchte, war die Escuela Primaria Renato Guitart Rosell in Santa Marta. Offen gestanden habe ich jedes Mal, bevor ich eine neue Grundschule besuche, ein bisschen ein mulmiges Gefühl im Bauch. Fragen wie: Werde ich an der Schule freundlich empfangen? Werden mich die Leute an der Schule trotz Sprachbarriere verstehen? Werden die Lehrkräfte mir gegenüber aufgeschlossen sein? geistern mir durch den Kopf. Doch das mulmige Bauchgefühl war vor allem an der Escuela Primaria Renato Guitart Rosell völlig unbegründet.
Ein Sechstklässler begleitete uns
Nicht nur, dass ich dort sehr freundlich empfangen wurde und mich unkompliziert mit der Englisch-Lehrerin in Englisch unterhalten konnte. Wir wurden auch von einem Schüler begleitet. Sein Name war Brian und er besuchte die sechste Klasse der Renato Guitart Rosell Grundschule. Brians Papa war gebürtiger Brite. Seine Mama Kubanerin. Von daher sprach er Englisch und Spanisch fließend. Doch nicht nur das. Brian war total kontaktfreudig, aufgeschlossen und interessiert. Er war ein toller, ein sehr interessierter Gesprächspartner und verstand etwas von Humor. Gleichzeitig ging er auf all meine Fragen ein und beantwortete sie freiheraus und aufrichtig.
Brian erleichterte die Kommunikation ungemein
Eigentlich war die Begegnung mit Brian gar nicht geplant, als ich am Vortag einen Besuchstermin im Sekretariat vereinbarte. Doch weil ich am Tag des Besuchs zu früh da war, die Englischlehrerin sich noch auf dem Schulweg befand und mich von den anwesenden Lehrern niemand verstand, rief die Lehrerin, die auf dem Schulhof die Kinder in Empfang nahm, den englischsprachigen Brian. Dass er kontaktfreudig war, merkte man gleich. Mit „Hi, I’m Brian. What’s your name? Where are you from?“ machte er nur den Anfang. Schnell folgten Fragen wie „Are you engaged with each other?“ und „Is he your boyfriend?“ Den Unterschied zu einem Erwachsenen, der sich diese Frage vielleicht insgeheim auch gestellt, jedoch niemals offen an einen gerichtet hätte, merkte man gleich. Und das war gut so, denn diese Direktheit erleichterte die Kommunikation ungemein.
Umweltfreundlicher Schultransport
Außerdem entging Brian nichts. Als ich kurze Zeit später in Richtung der Pferdekutschen blickte, mit denen viele der Kinder zur Schule gebracht wurden, ließ mich Brian wissen, dass Pferdekutschen auf Kuba immer noch ein wichtiges Transportmittel sind und unter anderem eingesetzt werden, um Kinder in die Schule zu bringen. Daneben konnte ich beobachten, wie die Kinder zu Fuß oder auf dem Gepäckträger des elterlichen Fahrrads zur Schule kamen. Mit dem Roller oder Auto wurden so gut wie keine Kinder zur Schule gebracht, was total super für die Umwelt und die Kinder selbst war.
Nachdem Amanda, die Englischlehrerin, die eigentlich als Guide gedacht war, das Schulgelände erreichte, machte es Brian für diesen Tag gekonnt zu seinem Job, uns zu begleiten. Und ich war richtig froh darüber.
7.30 Uhr – Gemeinsame Versammlung auf dem Schulhof
Pünktlich um 7.30 Uhr machten wir uns auf den Weg in Richtung hinteren Schulhof. Dort sangen wir gemeinsam mit den Kindern der unteren Klassenstufen die Nationalhymne, gefolgt von der Schulhymne. Dabei führten Kinder wie Lehrer den Pioniergruß aus. Die Kinder der höheren Klassenstufen versammelten sich aus Platzgründen parallel auf dem vorderen Schulhof.
Auf das Singen der Hymnen folgte die Verehrung mehrerer Nationalhelden. Anschließend sangen alle gemeinsam noch ein Geburtstagsständchen für ein Geburtstagskind, bevor die Kinder geordnet in ihre Klassenzimmer gingen. Während der ganzen Zeit standen die in Schuluniform gekleideten Kinder in Reihen geordnet hintereinander. Die Lehrpersonen trugen keine Uniform, allerdings war knielange und schulterbedeckende Kleidung auch bei ihnen Pflicht, wie mich Amanda wissen ließ.
Beginn der Schulbesichtigungstour
Nachdem die Versammlung aufgelöst wurde, begaben wir uns auf eine Schulbesichtigungstour. Dabei beobachteten wir zunächst eine Preescolar-Gruppe bei ihrem allmorgendlichen Warming-up. Mit Schwung ging’s in den Tag.
Rahmenbedingungen an der Renato Guitart Rosell Grundschule
Anschließend erfuhren wir von Brian und Amanda viel über das kubanische Schulsystem im Allgemeinen und die Renato Guitart Rosell Grundschule im Speziellen. So erklärte uns Amanda, dass insgesamt 980 Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren diese Grundschule besuchen. Die Fünfjährigen gehen dabei zur Vorbereitung in die Preescolar. Die Sechs- bis Elfährigen besuchen die Primaria, die in Kuba traditionell die erste bis sechste Klassenstufe umfasst. Unter-Fünfjährige Kinder gehen in ein Daycare-Center in der Stadt.
Jeden Morgen um 7.00 Uhr öffnet die Schule ihre Tore. Wie uns Brian wissen ließ, wird bereits im Vorfeld die Flagge gehisst. Auf dem Schulhof werden die Kinder wie auch die Lehrer schließlich ritualisiert von der Rektorin/einer Lehrperson freundlich begrüßt und persönlich in Empfang genommen. Um 7.30 Uhr trifft man sich dann nach Klassen geordnet auf dem Schulhof, um die Hymnen zu singen. Der offizielle Unterricht beginnt von montags bis freitags um 8.00 Uhr und endet um 16.00 Uhr. Mit dem Unterrichtsende geht auch das Senken der Flagge einher.
Computerunterricht ist in den Stundenplan integriert
Die Schulfächer weichen, wie wir im Gespräch herausfanden, ein bisschen von den Fächern in Deutschland ab. So sind an der Renato Guitart Rosell Grundschule Schulfächer wie Spanisch, Mathematik, History, Science, Physical Education, Kunst und Schach fest im Unterricht verankert. Dazu findet man auch überall auf dem Schulgelände Schachtische und Schachbrettfelder.
Außerdem haben die Kinder eine Stunde pro Woche Computerunterricht in einem extra dafür eingerichteten Computerraum. Und sie lernen ab der dritten Klasse verpflichtend Englisch.
Verpflichtende Schulfächer werden um AGs ergänzt
Ergänzt werden die fest im Stundenplan verankerten Schulfächer durch AG-Besuche. Dabei dürfen sich die Kinder interessengeleitet einer AG zuwählen.
Vergleichsweise gut ausgestattete Grundschule
Wie ich beim Gang über das Schulgelände feststellte, war die Grundschule in Santa Marta vergleichsweise gut ausgestattet. Zwar waren die Stühle und Tische in vielen Klassenzimmern deutlich in die Jahre gekommen, doch gab es eine größere Auswahl an Spielzeug für die Kinder, einen Schulgarten, einen Sportplatz inklusive einem Raum mit Sportgeräten, in dem sich die Kinder unter anderem in der Pause Material ausleihen durften, einen Computerraum und eine Bibliothek. Außerdem waren die Möbel in der Preescolar auf die Körpergröße der Kinder angepasst. Das freute mich zu sehen.
Upcycling als angewandtes Prinzip
Richtig super fand ich, dass an der Renato Guitart Rosell Grundschule Upcycling hoch im Kurs stand. So bastelten die Kinder aus Flaschen, Altreifen und Chips-Dosen die unterschiedlichsten Gebrauchsgegenstände. Auch Spiel- und Lernmaterial wurde daraus hergestellt. Nach dem Motto: „Wenn man kein Material hat, bastelt man sich eben welches“ – geht die Grundschule in Santa Marta meiner Meinung nach beispielhaft voran. Zudem ist Upcycling wirklich eine umweltfreundliche Alternative zu käuflichem Material und für die Kinder sehr motivierend. Von daher werde ich darauf auf jeden Fall auch beim Erstellen meines Materials und in meinem Unterricht zurückgreifen.
Einladende Sanitäranlagen
Was mir außerdem an der Grundschule in Santa Marta richtig gut gefiel, waren die aufgehübschten Sanitäranlagen. In vielen Grundschulen sind diese leider ein Ort des Grauens. An der Renato Guitart Rosell Grundschule waren sie nicht nur verhältnismäßig hell, sondern auch schön dekoriert – mit kunstvollen Deko-Elementen aus gebrauchten PET-Flaschen. Das zeigte, dass eine schöne Gestaltung nicht zwangsläufig mit (hohen) Kosten verbunden sein muss.
Eigener Bereich auf dem Schulhof zur Vermittlung von Übungen des täglichen Lebens
Daneben gab es auf dem Schulhof einen Bereich mit Holzbauten, wie einem Tipi, einem Wäscheständer, einer Kochstelle und ähnlichem. Wie mir die Englischlehrerin erklärte, wird dieser genutzt, um den Kindern Übungen des täglichen Lebens zu vermitteln. Brian ergänzte, dass dies total sinnvoll sei. So weiß er, wie er sich etwas zu Essen kochen kann, auch wenn er mal keinen Herd zur Stelle hat. Ich fand das ebenfalls eine richtig gute Sache. Und den Schulhof schmückte dieser kreative und gleichzeitig pragmatische Bereich obendrein auch.
Der Schulbesuch ist komplett kostenlos!
Wie wir beim weiteren Spaziergang über das Schulgelände erfuhren, ist ein Schulbesuch in Kuba komplett kostenlos. Doch nicht nur der Besuch selbst. Auch die Schuluniformen, die Schulbücher und das Schulessen sind inkludiert.
Jedes Klassenzimmer ist mit einem TV ausgestattet
Beim Blick in die einzelnen Klassenzimmer konnte ich sehen, dass überall ein TV vorhanden war. Wie mich Amanda wissen ließ, ist diese Ausstattung einer landesweiten Kampagne zu verdanken. Jedoch werden auf dem TV kubaweit ausschließlich staatliche Bildungskanäle gezeigt. Ebenso wie die TV nicht immer in einem guten Zustand sind. Nur manchmal habe man das Glück, über einen Flachbildschirm zu verfügen. Oft seien auch alte, nicht mehr voll funktionstüchtige Röhrenfernseher im Einsatz. Das konnte ich von meinem Besuch an der Eloy Alfaro Delgado Grundschule in Havanna, Vedado bestätigen.
Kubaweit wird dasselbe unterrichtet
Auf Amandas Aussage hin, dass in dem TV landesweit nur staatliche Bildungskanäle gezeigt werden, kam die Frage auf, ob denn landesweit auch dasselbe unterrichtet wird. Diese Aussage bejahte Amanda ganz klar. Pädagogische Freiheit des Lehrers ist in Kuba also eher nicht gegeben. Sicherlich finden das einige aus den unterschiedlichsten Gründen gut, doch gleichzeitig geht damit auch die Möglichkeit verloren, als Lehrperson auf die Interessen und Bedürfnisse der eigenen Lerngruppe einzugehen. Und das wiegt meiner Meinung nach stärker.
Die Kinder lernen „Buchstabe für Buchstabe“ Lesen und Schreiben
Da es mich interessierte, wie die Kinder auf Kuba Lesen und Schreiben lernen, richtete ich diese Frage an Brian und Amanda. Zunächst erklärte mir Brian, dass die Kinder ab der 1. Klasse Buchstabe für Buchstabe lernen. Dabei absolvieren sie in der Preescolar einige Vorübungen dazu. Richtig mit dem Lesen und Schreiben starten sie dann allerdings erst mit Eintritt in die Primaria.
Darüber hinaus erklärte mir Amanda, dass die Kinder an der Renato Guitart Rosell Grundschule keine Druckschrift, sondern direkt und ausschließlich die Kursivschrift lernen. An der Montessori Schule, die ich im Mai auf Bali besuchte, war es genau so. Die Argumente dafür lieferte Maria Montessori schon vor über hundert Jahren und je länger ich darüber nachdenke, desto besser finde ich diesen Weg. Wobei ich Montessoris Ansatz, zunächst alle Wörter klein zu schreiben, aus rechtschriftlicher Sicht betrachtet, nicht teile.
Verehrung von Nationalhelden ist fortdauernd
Wie bei unserem anschließend sich fortsetzenden Rundgang über das Schulgelände zu erkennen war, werden die Nationalhelden aus vergangenen Tagen, wie Fidel Castro, Che Guevara und José Martí immer noch verehrt als hätte die Revolution von 1959 gerade erst stattgefunden. Neben der Statue von José Martí, die sich – wie auch schon an den Grundschulen in Vedado und Trinidad – wiederum auf dem Pausenhof unweit der gehissten Landesflagge befand, waren auch an der Renato Guitart Rosell Grundschule wieder die Fassaden sehr politisch gestaltet. Neben Porträts von Nationalhelden konnte man an den Wänden auch den Text der Nationalhymne und der Schulhymne nachlesen. Zudem standen dort Zitate und Leitsprüche der Nationalhelden geschrieben und man wurde auch nochmals über die Geschichte des Landes informiert.
Politische Gestaltung der Klassenzimmerwände
Auch die Klassenzimmerwände waren sehr politisch gestaltet. Neben Helden aus dem eigenen Land, wurden auch Nationalhelden anderer kommunistischer Länder zur Schau gestellt. Dadurch war die Politik ständig präsent. Den landesweit einheitlichen Unterricht wählte man daher wahrscheinlich weniger, um, wie gerne vorgegeben wird, den Kindern im Falle eines Umzugs einen reibungslosen Schulwechsel zu ermöglichen, sondern eher deshalb, um landesweit seine politischen Interessen in den Lehrplänen zu etablieren. Das Wohl des Kindes oder die Entlastung der Lehrperson schienen dabei nur eine sehr geringe Rolle zu spielen, sonst würde man meiner Auffassung nach bei der landesweiten Etablierung des Schulsystems die Interessen und Bedürfnisse des Kindes und nicht die der Politik in den Vordergrund stellen.
Es wird versucht, neue Helden auszubilden
Etwas verwunderlich war nebenbei, dass man an den Grundschulen Voraussetzungen schuf, um neue Helden hervorzubringen. Zum Beispiel gab es in jeder Grundschulklasse einen Pionier beziehungsweise eine Pionierin, die dem/der Klassenbesten gleichkamen, wie uns Amanda und Brian erzählten. Daneben gab es auch einen Schulbesten, der als solcher verehrt wurde und Ansehen hatte.
Dadurch erreicht man im Grunde, dass der Einzelne hervorkommen kann. Das ist meiner Auffassung nach allerdings nicht unbedingt im Sinne des auf Kuba gepredigten Kommunismus/Sozialismus und dem damit verbundenen Kollektivismus. Unter anderem an der Stelle bleibt also Raum zum Hinterfragen und Nachdenken. Nun aber genug zur Politik.
In der Schulmensa bekommen die Kinder täglich ein frisches und gesundes Mittagessen zubereitet
Die Mensa, die wir kurz darauf erreichten und in der die Kinder ihr kostenloses Mittagessen einnehmen, wird täglich mit frischen Zutaten beliefert. Während wir dort waren, hatten wir Glück und konnten gerade einem Lieferanten dabei zusehen, wie er mit seinem Bici-Taxi frisches, unverpacktes Obst und Gemüse anfuhr. Anschließend wurde daraus von den Schulköchen das Essen für die Kinder zubereitet. Ich war total begeistert. Frischer und nachhaltiger geht es nicht, wie ich finde.
Anbau von eigenem Obst und Gemüse im Schulgarten
Direkt neben der Mensa befand sich der Schulgarten. Dieser wurde als wir da waren gerade von der Preescolar betrieben. Die Kinder bauten unter anderem Bananen, Karotten und Auberginen an. Gründe, die für einen Schulgarten sprechen, gibt es viele. So lernen die Kinder unter anderem ganzheitlich mit allen Sinnen, stellen einen Bezug zur Natur her, lernen, sich selbst zu versorgen, mit anderen zusammenzuarbeiten und erwerben Kompetenzen im Bereich Anbau, Umweltschutz und Artenvielfalt.
Besonders gut fand ich, dass es in unmittelbarer Nähe zum Schulgarten eine Wasserstelle gab, an der die Kinder ihre Gießkannen zum Bewässern der Pflanzen füllen konnten. Außerdem durften die Kinder hier auch ihre Trinkflaschen nachfüllen, wie Brian stolz erklärte.
Etwas weiter zeigte uns Amanda mit strahlenden Augen das Material zur Brandbekämpfung, auf das Lehrer wie Kinder im Brandfall zurückgreifen können.
Die Bungalowbauweise überzeugt durch mehrere Vorteile
Da das vorhandene Material nicht sehr umfangreich war, begann ich nachzudenken und wurde einmal mehr Fan von der ebenerdigen Bauweise, in der auch diese Grundschule in Santa Marta gebaut war. Nicht nur, dass sie körperlich behinderten und beeinträchtigten Menschen problemlosen Zugang gewährte. Im Brandfall muss man sich nicht erst Wege durch die Treppenhäuser schlagen, sondern kann die Räume ebenerdig – auch durch die Fenster – verlassen. Daran hatte ich bei meiner vorherigen Schwärmerei bezüglich Bungalowbauweise noch gar nicht gedacht, aber das ist auf jeden Fall ein weiterer, entscheidender Pluspunkt. Dadurch war die spärlich ausgestattete Stelle mit dem Material zur Brandbekämpfung auch gleich weniger besorgniserregend.
Sportunterricht auf dem Pausenhof
Vom hinteren Bereich des Schulgeländes aus machten wir uns auf den Weg in das Klassenzimmer, in dem Amanda in der darauffolgenden Unterrichtsstunde Englischunterricht erteilte. Dabei durften wir kurz eine gut gelaunte Sportgruppe beobachten, die Sportunterricht auf dem Pausenhof hatte. Dabei erklärte Brian, dass Sportunterricht auf dem Pausenhof gängige Praxis sei. Natürlich durfte eine Bekanntmachung mit Brians Idol, dem Sportlehrer, nicht fehlen 😉.
Einblicke in den Englischunterricht einer dritten Jahrgangsstufe
Im Klassenzimmer der Drittklässler angekommen, wurden wir sehr freundlich von den 26 Kindern, die immer zu zweit nebeneinander an frontal ausgerichteten Tischen saßen, empfangen. Leider war auch dieses Klassenzimmer, wie viele Klassenzimmer an staatlichen Schulen, sehr klein und verfügte über keinen Platz, um sich beispielsweise im vorderen oder hinteren Bereich einem Sitzkreis zu treffen.
Vergabe von mündlichen Noten zu Stundenbeginn
Direkt nach der Begrüßung ging es auch schon los. Zunächst vergab Amanda mündliche Noten. Dazu mussten die Kinder jeweils zu zweit mit ihrem Englischbuch nach vorne kommen und daraus einen Dialog vortragen.
Frontalunterricht bestimmt das Unterrichtsgeschehen
Im Anschluss daran startete dann der richtige Unterricht. Thema der Stunde war: „May I help you?“ Frontalunterricht bestimmte das Unterrichtsgeschehen und der Unterricht fand fast ausschließlich im Plenum statt. Dabei bauten einige Kinder lieber Papierflieger, als dem Unterrichtsgeschehen zu folgen. Gelernt haben sie dabei dennoch so einiges.
Auffällig war, dass keine Fragekultur vorhanden war. In einem stark lehrerzentrierten und bilingual gehaltenen Unterricht sprachen die Kinder zwar sämtliche Phrasen nach, jedoch ohne sie verstanden zu haben. Die Ursache hierfür lag darin, dass die Aufgaben nur gelöst, jedoch keine Rückfragen dazu gestellt und auch kein diesbezüglicher Transfer geleistet wurde. So mussten die Kinder zum Beispiel bei einer Aufgabe zwischen „Help me, please!“ und „Can you help me, please?“ auswählen und die richtige Ausdrucksweise ankreuzen.
Dabei hätte es sich angeboten, Deep-Reasoning-Fragen zu stellen und zu besprechen, warum diese oder jene Antwort richtig ist. Methodisch hätte sich die Ich-Du-Wir-Methode ideal geeignet.
Am Ende der Unterrichtsstunde kam es dann allerdings doch zu einer kleinen Fragerunde, in der die Kinder zwar keine Rückfragen, aber zumindest allgemeine Fragen (z.B. „What’s your favourite colour?“) stellen durften. Dazu durfte ich dank Amanda meinen Teil beitragen.
Fazit zu unserem Schulbesuch
Mit dem Ende der Englischstunde endete auch unser Tag an der Renato Guitart Rosell Grundschule, an dem wir nicht nur einen weiteren Eindruck von Kubas Bildungssystem und Kubas Grundschulen gewinnen durften, sondern an dem vor allen Dingen auch ich viel für meine weitere Tätigkeit als Grundschullehrerin mitgenommen habe. So fand ich es beachtlich, wie umweltfreundlich die Renato Guitart Rosell Grundschule in Santa Marta war. Auch wenn manches davon vielleicht „aus der Not heraus“ geschah, hinterließen vor allem das Upcycling, der Schulgarten, die Schulkantine mit dem frisch zubereiteten Essen aus unverpackten und mit dem Fahrrad angelieferten Zutaten, die ebenerdige Bauweise, die einladenden Sanitäranlagen und der Bereich auf dem Schulhof zur Vermittlung der Übungen des täglichen Lebens einen bleibenden Eindruck bei mir. Ebenso wie ich den im Stundenplan fest verankerten Computerunterricht eine super Sache fand.
Dabei stand all das jedoch im Schatten eines Sechstklässlers, mit dem der kulturelle Austausch nicht nur besonders viel Spaß machte, sondern auch große Wirkung zeigte. Denn nicht nur er erzählte uns beiden viel von seinem Land und seiner Grundschule, sondern auch wir taten dies im umgekehrten Fall. Vor allem der Schwimmunterricht in einem echten Schwimmbad löste bei ihm Begeisterung aus und er nahm sich vor, seiner Schulleiterin davon zu erzählen, mit der Hoffnung, Schwimmunterricht auch an seiner Grundschule zu etablieren. Um einige Ideen und Erfahrungen reicher bedanke ich mich abschließend ganz herzlich beim Team der Grundschule in Santa Marta, allen voran Brian, für die Aufgeschlossenheit und den gewinnbringenden Austausch.
P.S. Brian, falls du das hier irgendwann liest. Bleib genau so wie du bist … und wir drücken dir für deine Mission mit dem Schwimmunterricht ganz fest die Daumen 👍!
Klingt nach einer echt spannenden und vor allem interessanten Kuba Reise! Viel Erfolg mit weiteren Besuchen!
Danke dir! Ja, Kuba war wirklich ne Erfahrung wert – sehr lehrreich in vielerlei Hinsicht.
Danke für diesen Einblick in eine etwas andere Kubareise! Grad das Soziokulturelle in Kuba ist spannend.