Wat Lamai Grundschule auf Koh Samui in Thailand – Unterricht zwischen Buddhas, königlichen Porträts und Landesflaggen

Wat-Lamai-Grundschule-Thailand-Koh-Samui

Auf die Wat Lamai Grundschule wurde ich durch Google aufmerksam. Immer wenn wir ein neues Land bereisen, suche ich weniger nach Sehenswürdigkeiten und mehr nach Grundschulen in meiner Umgebung. Da die Wat Lamai Grundschule nur einen knappen Kilometer von unserer Unterkunft entfernt lag, beschloss ich, der Schule spontan einen Besuch abzustatten. Als ich dort ankam, versperrte mir ein großes Stahlgittertor den Zugang zum Schulgelände. Das machte aber erst einmal gar nichts, denn so blieb mir Zeit für erste Beobachtungen.

Tor-Schulgelände-Grundschule-Thailand-Wat-Lamai-Koh-Samui

Schulgebäude und Außenanlage der Wat Lamai Grundschule

Was mir zuallererst ins Auge stach, war das pinkfarbene Schulgebäude, auf dem der Name der Schule groß in Thai und darunter etwas kleiner in Englisch auf der Fassade geschrieben stand. Dadurch konnte man ihn von Weitem lesen.

Wat-Lamai-Grundschule-Thailand-Koh-SamuiAußerdem zierten thailändische Flaggen das Schulgelände.

Landesflaggen-Thailand-Grundschule-Koh-Samui

Daneben sah ich durch das Tor, dass alle Kinder eine Schuluniform trugen und die Mädchen mund- maximal kinnlanges Haar hatten. Wie ich später nachlas, ist diese Haarlänge an thailändischen Grundschulen den Mädchen prinzipiell auferlegt. Ebenso wie die Jungs eine Kurzhaarfrisur tragen müssen. Abgesehen von den uniformierten Kindern machten Bilder des thailändischen Königs direkt neben dem Eingangstor sowie an der Außenfassade des Schulgebäudes auf sich aufmerksam.

Königliches-Porträt-Thailand-Grundschule-Koh-Samui

Daneben fielen mir die goldenen Buddha-Statuen auf, die sich überall auf dem Schulgelände befanden.

Buddha-Statue-Grundschule-Thailand-Koh-Samui

Eine ganze Menge an Eindrücken also, die da auf mich wirkten. Hätte ich noch mehr Zeit gehabt, hätte ich wahrscheinlich noch viel mehr festgestellt. Dennoch war ich froh, als nach circa fünf Minuten eine Lehrerin von außerhalb mit ihrem Roller anfuhr und mich mit auf das Schulgelände nahm.

Erster Kontakt mit den Kindern und den Lehrpersonen der Wat Lamai Grundschule

Wie ich dort erfuhr, hatten die Kinder gerade Mittagspause. Deswegen waren sie auch alle auf dem Schulhof unterwegs. Sie schauten mich mit neugierigen Augen an, schnitten Grimassen und grinsten um die Wette. Leider fiel der gegenseitige verbale Austausch ein bisschen schwer, denn wir sprachen nicht dieselbe Sprache. Natürlich versuchten wir es in Englisch, aber ein paar Thai-Kenntnisse meinerseits wären wohl gefragter gewesen. Dennoch sollte die Sprache keine Hürde sein. Mit Mimik und Gestik tauschten wir uns so gut es ging aus und am Ende brachten mich zwei Kinder zu einer ihrer Lehrerinnen.

Grundschule-Thailand-Koh-Samui-Schüler

Obwohl mich die Lehrerin überhaupt nicht kannte und im ersten Moment auch nicht wissen konnte, was ich von ihr wollte, war sie von Anfang an total aufgeschlossen und freundlich. Sie stellte sich mir mit ihrem Vornamen „Yui“ vor und fragte mich direkt, ob ich mit ihr in ihr Office kommen wollte. Ich bejahte.

In ihrem Office angekommen, servierte mir eine ihrer Kolleginnen umgehend ein Glas Wasser. Nachdem ich mich Yui vorgestellt und mit ihr einen Observationstermin für den kommenden Tag vereinbart hatte, tauschten wir uns über die Schulsysteme in Deutschland und Thailand aus. Zwar verstanden wir uns gegenseitig kaum, denn Yui sprach nur ein bisschen Englisch und ich leider kein Thai, aber mit Zeichensprache, einigen Skizzen auf einem Blatt Papier, vielen OKs und bejahendem Lächeln verständigten wir uns auf unsere eigene Weise. Wie ich also merkte, stellte die Sprache natürlich eine Barriere dar, aber eben keine unüberwindbare.

„There are a hundreds of languages in the world, but a smile speaks them all.“ – Unbekannt

Schulsystem in Thailand

Yui erklärte mir dabei unter anderem, dass die Grundschulausbildung in Thailand grundsätzlich in sechs Jahre aufgeteilt ist. Vor der Grundschule haben die Kinder zunächst die Möglichkeit, eine sogenannte Preschool Playgroup zu besuchen. Dort bekommen die Kinder ab ihrem zweiten Lebensjahr vermittelt, wie man spricht, zeichnet und Farben identifiziert. Anschließend können (!) die Kinder einen Kindergarten zu besuchen. Dieser  ist für Kinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren gedacht und dient der Vorbereitung auf die Grundschule. Im Kindergarten lernen die Kinder die Ziffern, das Alphabet, die Farben und andere elementare Grundlagen.

Im Alter von sechs Jahren wechseln die Kinder dann vom Kindergarten in die Grundschule und besuchen diese anschließend bis zu ihrem elften Lebensjahr. Diese sechs Jahre sind dabei nicht in Klassen unterteilt, sondern in Prathom 1, Prathom 2, Prathom 3, Prathom 4, Prathom 5, Prathom 6.

Nach erfolgreichem Abschluss der Grundschule folgen drei Jahre untere Sekundarstufe. Nach Beenden der neun Schuljahre sind anschließend die Pflichtschuljahre erfüllt. Da in der thailändischen Verfassung allerdings zwölf Jahre freies Lernen in der Schule garantiert sind, haben die Kinder die Möglichkeit im Anschluss an die untere Sekundarstufe noch drei Jahre die obere Sekundarstufe zu besuchen.

Fächer und Fachbereiche an thailändischen Grundschulen

Unabhängig der jeweiligen Prathom werden die Kinder während ihrer gesamten Grundschulzeit in folgenden acht Fächern unterrichtet: Thai Language, Mathematics, Science, Social Study/Religion + Culture, Health + Physical Education, Arts, Career + Technology, Foreign Language (English). Durch diese Fächer möchte man in der Grundschule folgende vier Bereiche abdecken:

  1. Bereich: Erlernen von Fertigkeiten (Thai Language, Mathematics, Foreign Language)
  2. Bereich: Lebenserfahrung (Science, Social Study/Religion+Culture)
  3. Bereich: Persönlichkeitsentwicklung (Health + Physical Education, Art/Music, Career + Technology)
  4. Bereich: Praktische Fertigkeiten (Fähigkeiten des täglichen Lebens)

Was mich sehr überraschte, war zu erfahren, dass jedes thailändische Schulkind seit 2012 (!) pflichtmäßig mit einem Tablet ausgestattet ist. Dadurch ist man technisch gesehen deutschen Grundschulen um einiges voraus und schafft eine Möglichkeit, die Pädagogik um die Technik zu ergänzen. Wie ich später las, ist diese „One tablet per child-Policy“ außerhalb der Klassenzimmer allerdings durchaus in der Kritik. „Risiko des frühen Internetzugangs“, „Lokalisierungsdaten für Google“, „fehlende Computerkenntnisse von Aufsichtspersonen“ (vgl. FAZ 2012), um nur einige „zeitlose“ Gegenargumente zu nennen. Dennoch bin ich persönlich der Meinung, dass man trotz aller Bedenken vor der technischen Entwicklung keinen Stopp machen kann und auch nicht machen sollte. Vielmehr sollte man nach einem Weg suchen, die Technik konstruktiv für den Unterricht zu nutzen. Von daher erachte ich Thailands „One tablet per child – Policy“ prinzipiell als Schritt in die richtige Richtung.

Schuljahr und Schulferien an thailändischen Grundschulen

Anders als in Deutschland beginnt das Schuljahr in Thailand immer Mitte Mai und endet im März des folgenden Jahres. Dabei weicht die Ferienverteilung von der an deutschen Grundschulen deutlich ab. In Thailand haben die Kinder vier Wochen Ferien im April und Mai und drei Wochen im Oktober. Die Lehrer haben währenddessen keine Ferien, sondern müssen in der Schule Anwesenheit zeigen, um Vor- und Nachbereitungen zu treffen.

Während der Schulzeit haben Kinder wie Lehrer einheitlich fünf Tage pro Woche Schule und zwar immer von 8.00 – 15.30 Uhr. Die 7,5 Stunden sind verteilt auf sechs Stunden Unterricht pro Tag, eine Stunden gemeinsame Mittagspause und eine halbe Stunde gemeinsame Begrüßung auf dem Schulhof. Bezogen auf die Wochenstundenzahl müssen Lehrer und Kinder in Thailand also schon einiges ableisten.

Prügelstrafe an thailändischen Grundschulen

Wie mir Yui weiterhin mitteilte, ist die Prügelstrafe an thailändischen Grundschulen immer noch Teil des Schulalltags. Durch einen Klaps oder Hieb auf die Finger oder den Po fordern die Lehrer die Kinder dabei auf, sich an die Regeln zu halten beziehungsweise den Unterricht nicht zu stören. Das klang weder zeitgemäß noch förderlich für die Schüler-Lehrer-Beziehung.

Spezifische Situation an der Wat Lamai Grundschule

Ansonsten erfuhr ich von Yui, dass an der Wat Lamai Grundschule 570 Schülerinnen und Schüler von 23 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet werden. Die 570 Kinder sind dabei auf 15 Klassen verteilt, wobei die maximale Anzahl an Kindern pro Klasse 45 beträgt. Wie ich bei der anschließenden Schulbesichtigung feststellte, sind die Klassen dabei nicht nach Klassenstufen sortiert in Gebäuden oder Stockwerken untergebracht, sondern durcheinander. Dadurch soll, wie mir Yui erklärte, der Austausch der Klassenstufen untereinander gefördert werden, mit dem langfristigen Ziel, die Gemeinschaft zu stärken.

Schüler-Thailand-Grundschule-Gemeinschaft

Nebenbei bemerkte ich bei der Schulbesichtigung, dass das königliche Porträt keineswegs nur auf dem Schulhof und an der Außenfassade hing. Es war auch in jedem Klassenzimmer angebracht. Ebenso wie in jedem Klassenzimmer ein Buddha-Bild hing.

königliche-Porträts-Thailand-Grundschule-Schulgelände

Zudem konnte ich die Kinder während meiner Besichtigungstour dabei beobachten, wie sie ihre Schuhe auszogen, bevor sie den Klassenraum betraten. Auch Yui und ich zogen immer unsere Schuhe aus, bevor wir einen Fuß in ein Schulgebäude setzen. Obwohl ich eine gefühlte Ewigkeit dafür benötigte, fand ich es eine prima Sache. Die Böden blieben dadurch super sauber und es befreite auch, barfuß zu laufen.

Thailand-Grundschule-Schuhe-ausziehen

Ausblick auf den kommenden Tag

Insgesamt bin ich wirklich froh darüber, dass ich der Wat Lamai Grundschule einen spontanen Besuch abstattete. Ich wurde auf Anhieb sehr freundlich empfangen und sammelte viele neue Eindrücke. Die Flaggen auf dem Schulhof, die Kinder in Uniform, das in Uniform gekleidete und dadurch militärisch aussehende Lehrpersonal, die Buddha-Statuen und die königlichen Porträts – all das war neu für mich. Auch in dem gemeinsamen Gespräch konnte ich viel Neues über das thailändische Schulsystem erfahren.

Durch die Rahmenbedingungen und das äußere Erscheinen des Schulhauses, der Kinder und der Lehrer wirkte alles sehr streng und formal. Dennoch war es in den Klassenzimmern erstaunlich laut. Vielleicht lag es daran, dass die Kinder gerade Mittagspause hatten. Ich bin auf jeden Fall gespannt, auf den morgigen Tag, an dem ich einen Schultag in einer Prathom 1 an der Wat Lamai Grundschule miterleben darf.

Quellenangabe:

Frankfurter Allgemeine Zeitung (2012): Ein Tablet für jedes Kind. http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/thailand-ein-tablet-fuer-jedes-kind-11773218.html (03.06.2012) (14.07.2018).

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