Vorbereitungsdienst Lehramt an Grundschulen – Verbesserungstipps einer ehemaligen Referendarin!

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Ich denke, jeder ausgebildeten Lehrerin und jedem ausgebildeten Lehrer fallen spontan Dinge ein, die man am Vorbereitungsdienst verbessern könnte. In der Hoffnung, die Situation für nachfolgende LAA zu verbessern, habe ich meine Tipps hier einfach mal zusammengefasst.

Tipp 1: Aufzeigen, wie man sich als Grundschullehrer(in) strukturieren kann!

Während meines Vorbereitungsdienstes traf ich viele LAA, die sich schwer taten, sich zu strukturieren. Um diesen LAA einen möglichst reibungslosen Eintritt in das Referendariat zu ermöglichen, fände ich es super, wenn man allen angehenden LAA bereits vorab vermitteln würde, wie wichtig die Selbstorganisation im Lehrerberuf ist.

Vor allem fände ich es aber wichtig, Menschen, die eventuell nicht ganz so erfahren mit Selbstorganisation sind, zu zeigen, wie eine solche Selbstorganisation konkret ausschauen kann. Ich habe in einem separaten Artikel bereits beschrieben, wie ich mich auf den Vorbereitungsdienst vorbereitete und wie ich mich strukturierte. Auch das Seminar könnte meiner Meinung nach Tipps zur Selbstorganisation vor Beginn des Vorbereitungsdienstes vermitteln. So könnten die Mentoren und/oder Fachleiter mithilfe von Einblicken ins Klassenzimmer und ins eigene Büro (z.B. in Form von Fotos) sowie anhand ausgewählter Orga-Utensilien zeigen, wie sie sich und ihren Alltag strukturieren. Die Einblicke wären für alle LAA sicherlich wertvoll.

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Tipp 2: Einblicke in die Arbeitspläne erfahrener Lehrpersonen gewähren!

Mit Beginn des Vorbereitungsdienstes muss jeder LAA Arbeitspläne für den eigenverantwortlichen Unterricht anfertigen. Allerdings sammelten bis dahin die Wenigsten Erfahrung mit ebensolchen Arbeitsplänen. Geschweige denn wissen sie, worauf es bei dem Erstellen von Arbeitsplänen letztlich ankommt. Auch mir erging es so.

Deshalb fände ich es gut, wenn man vorab zeigt, wie ein praktischer, alltagstauglicher Arbeitsplan aussehen kann. Das heißt nicht, dass das Studienseminar ein Muster bereitstellen soll, an das sich alle zu halten haben. Vielmehr geht es darum, Impulse zu setzen. Die Fachleiterinnen und Fachleiter könnten Beispiele aus ihrer eigenen Praxis geben und die Vorteile sowie gegebenenfalls auch die Nachteile dieser Arbeitspläne auf Basis ihrer Praxiserfahrungen aufzeigen. Handouts dazu sind sicherlich eine gute Sache. Doch wenn man als LAA einmal einen „richtigen“ Arbeitsplan in der Hand halten könnte, könnte man sich viel mehr darunter vorstellen und hätte einen viel besseren Anhaltspunkt. Außerdem könnte man dadurch bereits Vorhandenes weiterentwickeln. Das wäre für alle gewinnbringend!

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Tipp 3: Schulrecht vor Beginn des Vorbereitungsdienstes besprechen!

Da man im Unterrichtsalltag immer wieder mit schulrechtlichen Fragen konfrontiert wird, fände ich es super, wenn die Rechtsgrundlagen vor Beginn des Vorbereitungsdienstes thematisiert werden würden. So könnte man von Anfang an viel professioneller und kompetenter auftreten. Außerdem wüsste man, an welcher Stelle man bei Bedarf eine Rechtslage nachlesen kann. Die Verzahnung von Theorie und Praxis wäre dadurch auch intensiver.

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Tipp 4: Umgang mit Unterrichtsstörungen gleich zu Beginn des Vorbereitungsdienstes thematisieren!

Auch den Umgang mit Unterrichtsstörungen sollte man meiner Meinung nach vor oder wenigstens gleich zu Beginn des Vorbereitungsdienstes thematisieren. Denn nicht jeder angehende LAA unterrichtet an einer Grundschule, in der verhaltensoriginelle Kinder die Ausnahme sind.

Mir persönlich wäre enorm geholfen gewesen, wenn ich gleich von Beginn an Handwerkszeug bezüglich des Umgangs mit schwierigen Schülerinnen und Schülern an der Hand gehabt hätte. Gerne von erfahrenen Lehrpersonen. Natürlich gibt es bezüglich des Umgangs mit Unterrichtsstörungen kein Pauschalrezept. Allerdings gibt es Ansätze, die die Bedürfnisse des Kindes und der Lehrperson gleichermaßen berücksichtigen und damit langfristig gewinnbringender sind als andere. Außerdem gibt es Ergebnisse aus der Forschung, die zeigen, wie störungsarmer Unterricht gelingen kann (vgl. Jacob Kounin). Darauf könnte man zu Beginn des Vorbereitungsdienstes nochmals gezielt aufmerksam machen und wäre dadurch vielen LAA sicherlich eine große Hilfe.

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Tipp 5: Vielfältigere Beobachtungsmöglichkeiten während des Vorbereitungsdienstes bieten!

Mir persönlich hilft es sehr, wenn ich etwas aktiv beobachten kann. Dadurch lerne ich viel mehr und viel schneller, als wenn ich etwas in einem Buch nachlese. Von daher schaute ich mir während des Vorbereitungsdienstes häufig Unterrichtsvideos bei YouTube an. Diese Videos halfen mir zwar, dennoch wäre es besser gewesen, wenn ich während des Vorbereitungsdienstes mehr reale Beobachtungsmöglichkeiten gehabt hätte.

Und damit meine ich nicht nur Hospitationsstunden bei der Mentorin oder Fachseminarstunden bei anderen LAA, sondern vor allem auch in anderen Schulen, bei anderen Lehrpersonen und in anderen Klassen. Schließlich hat jede Lehrperson ihren eigenen Unterrichtsstil und jede Lehrperson geht auch anders mit einer Lerngruppe um. Zudem ist jede Schule und jede Klasse anders. Man könnte also viele verschiedene Beobachtungen machen. Von daher denke ich, je mehr man sieht, desto besser.

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Tipp 6: Jede(n) LAA alle Klassenstufen einmal miterleben lassen!

Ich hatte das Glück, dass ich während des Vorbereitungsdienstes in jeder Klassenstufe einige Zeit lang unterrichten durfte. Manche LAA hatten dieses Glück nicht und unterrichteten während ihres Vorbereitungsdienstes beispielsweise nur in zwei Klassenstufen. Meiner Meinung nach sollte jede(r) LAA im Vorbereitungsdienst zwingend jede Klassenstufe miterleben dürfen. Denn ich denke, dass man nur so auf das anschließende Berufsleben wirklich vorbereitet wird. Die Klasse, die man dann nach der Ausbildung übernimmt, dankt es einem auch. Man muss nämlich im Anschluss an den Vorbereitungsdienst nur halb so viel herumexperimentieren und kann auf einen deutlich größeren Ideenpool und Erfahrungsschatz zurückgreifen.

Um die Ausbildungszeit nicht ins Unendliche steigen zu lassen, würde ich die Ausbildung von Anfang an dual gestalten. So wäre der Praxisbezug da und  man könnte sich unter all dem, was bislang trocken an der Uni gelehrt wird auch etwas vorstellen und hätte es nicht wieder vergessen, bis man es braucht.

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Tipp 7: Einblicke in den kompletten Berufsalltag gewähren!

Was ich auch ganz wichtig fände, ist, dass man die Mentorin auch mal nachmittags begleitet, um Einblicke in ihren kompletten Berufsalltag zu erhalten. Gemäß der Frage: Welche beruflichen Anforderungen warten nachmittags als ausgebildete Grundschullehrerin auf mich? Wie kann ich mir diese Anforderungen einteilen?

Dabei sollte es nicht darum gehen, dass die LAA alles von den Mentoren oder den Fachleitern übernehmen, sondern darum, dass sie von erfahrenen Lehrpersonen mögliche Vorgehensweisen aufgezeigt bekommen – als Impuls. Auf Basis dieser Eindrücke können sie dann schließlich ihren eigenen Weg finden.

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Tipp 8: Alltägliche Anforderungen während des Vorbereitungsdienstes konkret vermitteln!

In einem Schulsystem, in dem Leistungsnachweise und Noten (leider) immer noch vorherrschend sind, fände ich es zudem wichtig, dass man angehenden LAA konkret vermittelt, wie man …

… einen schriftlichen Leistungsnachweis in den einzelnen Fächern erstellt,

… auf was es dabei bezüglich der Bepunktung der einzelnen Aufgaben zu achten gilt,

… wie man Zeugnisse schreibt,

… wie man Schülerbeobachtungen so festhält, dass man sie gezielt für die Verbalbeurteilung im Zeugnis nutzen kann,

… wie man sich auf Schüler-Eltern-Lehrer-Gespräche vorbereitet etc. pp.

Denn all das sind Anforderungen, die nach dem Vorbereitungsdienst unweigerlich auf einen zukommen! Natürlich kann man diesbezüglich Literatur lesen und sich ausprobieren. Viel besser und professioneller wäre es jedoch, wenn man all diese Dinge während des Vorbereitungsdienstes einmal konkret beobachten und anschließend unter Begleitung einer erfahrenen Lehrperson praktisch durchführen dürfte. Ergänzende Lektüre könnte immer noch erfolgen und ausprobieren würde man sich sowieso. Aber man könnte eben auf die Erfahrungen anderer aufbauen und müsste nicht bei Null beginnen.

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Tipp 9: Einsatz der LAA in mehreren Klassen/Klassenzimmern besser durchdenken!

Da Inklusion mittlerweile fester Bestandteil des Berufsalltags ist und Individualisierung sowie Differenzierung vom Ministerium für Bildung in den Teilrahmenplänen gefordert werden, ist materialbasierter oder zumindest materialgestützter Unterricht im Grunde unausweichlich. Als ich erst einmal den Dreh raus hatte, unterrichtete auch ich während des Vorbereitungsdienstes aus Überzeugung nahezu ausschließlich auf Basis von Material.

Allerdings erforderte diese Art des Unterrichtens eine vorbereitete Lernumgebung. Wenn man – wie ich – als LAA in verschiedenen Klassen und damit in unterschiedlichen Klassenzimmern aktiv ist, gerät man dadurch ganz schön in Stress. Denn man muss sein Material immer vor Unterrichtsbeginn im entsprechenden Klassenraum aufbauen und dort auch nach jeder Stunde verständlicherweise wieder abbauen. Schließlich braucht die Klassenlehrerin den Platz auf der Fensterbank in ihren Stunden für ihr Material.

Zwischen den Stunden war ich also immer mit Auf- und Abbau beschäftigt. Zudem musste ich von einem Saal in den nächsten rennen. Das hatte zur Folge, dass ich total außer Puste in die Stunden startete, zudem nie eine wirkliche Pause hatte und permanent mit Materialkisten unter dem Arm im Schulhaus umherlief. Für mich war so gesehen der Prüfungstag am entspanntesten, da ich an dem Tag vorab mein Material in beiden Klassenzimmern aufbauen durfte und dadurch zu Beginn jeder Stunde in einen vorbereiteten Saal kam. Der Einsatz von LAA in mehreren Klassen und somit in mehreren Klassenzimmern müsste somit meiner Meinung nach besser durchdacht werden!

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Tipp 10: Digitalisierung zum Thema machen!

Digitale Bildung wäre ein Thema gewesen, zu dem ich mir während des Vorbereitungsdienstes unbedingt mehr Input gewünscht hätte. Welche hilfreichen Geräte, Arbeitsprogramme und Apps gibt es aktuell speziell für Grundschullehrerinnen und Lehrer auf dem Markt? Wie kann ich sie konkret in den Unterricht einbauen/in meinem Lehreralltag nutzen?

Denn die zunehmende Digitalisierung und die damit verbundenen Innovationen machen weder vor uns Lehrer noch vor den Kindern in unserem Klassenzimmer Stopp. Und das ist gut so! Denn die Digitalisierung bringt sehr viele Vorteile mit sich (Zeitersparnis, Kostenersparnis, neue Möglichkeiten etc.). Deshalb können, sollen und dürfen wir die Augen vor der Digitalisierung nicht verschließen. Digitalisierung müsste meiner Meinung nach während des Vorbereitungsdienstes unbedingt zum Thema gemacht werden. Einerseits bezogen auf den Lehreralltag (hilfreiche Programme zum Erstellen von Material, Elternbriefen etc.), andererseits bezogen auf den Unterricht (Geräte, Apps, Methodik/Didaktik etc.).

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Anmerkung zu den Verbesserungstipps

Die oben genannten Verbesserungstipps beruhen ausschließlich auf meiner persönlichen Erfahrung sowie aus persönlichen Beobachtungen während meines Ausbildungsdurchgangs.

Ich finde den konstruktivistischen Ansatz, der vielen der oben genannten Punkten zugrunde liegt, insgesamt wirklich den richtigen Ansatz. Die LAA sollen ihr Wissen aufgrund von Problemstellungen selbst erarbeiten und ihm eine Bedeutung geben. Das ist nachhaltig gedacht. Allerdings braucht es Zeit, Wissen aufgrund von Problemstellungen selbst zu erarbeiten. Diese Zeit hat man als LAA eher weniger, da man zu vielen Problemstellungen unter Zeitdruck Wissen erarbeiten muss (!). Deshalb fände ich ergänzende KONKRETE Impulse aus der Unterrichtspraxis, auf die man aufbauen könnte, durchaus hilfreich.

Wenn ihr gegenteilige Erfahrungen gemacht habt, weitere Ideen zur Umsetzung habt oder euch weitere Dinge einfallen, die man am Vorbereitungsdienst verbessern könnte, berichtet gerne in den Kommentaren darüber.

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