Inhaltsverzeichnis
- 7.40 Uhr: Grillparty vor der Grundschule auf Koh Samui
- 7.45 Uhr: Säubern des Schulgeländes und der Klassenzimmer
- 7.55 Uhr: Gemeinsame Versammlung auf dem Schulhof der Grundschule
- 8.00 Uhr: Fahnenappell, Gebete und Lieder – gemeinsamer Schulbeginn
- 8.10 Uhr: Ansprache durch eine Lehrerin
- 8.15 – 8.25 Uhr: Gemeinsame Activity auf dem Schulhof der Grundschule
- 8.25 Uhr: Organisiertes Auflösen der Versammlung und Verteilen von Trinkpäckchen
- 8.30 Uhr: Zusammenkommen im Klassenzimmer
- 8.45 Uhr: Der Unterricht beginnt an der Wat Lamai Grundschule
- 8.50 – 11.30 Uhr – Klassenunterricht der Prathom 1
- 11.30 – 12.30 Uhr: Mittagspause und gemeinsames Essen
- 12.30 Uhr – 15.30 Uhr: Erneuter Klassenunterricht an der Wat Lamai Grundschule
- 15.30 Uhr: Abholen der Kinder am Klassenzimmer
- Fazit zu meinem Besuch an der Wat Lamai Grundschule
Eine neue Grundschule zu besuchen, ist für mich immer etwas Besonderes. Jedes Mal spekuliere ich vorab, wie es dort wohl aussehen und zugehen könnte, um dann mit völlig anderen Eindrücken wieder nach Hause zu gehen. Diese Erfahrung machte ich auch an der Wat Lamai Grundschule, an der ich einen Tag lang eine Prathom 1 (= Klasse 1) begleitete.
7.40 Uhr: Grillparty vor der Grundschule auf Koh Samui
Der Schultag begann für mich um 7.40 Uhr. Yui bat mich bei unserem Treffen im Vorfeld um 8.oo Uhr in ihr Office zu kommen. Da ich lieber zu früh als zu spät an der Schule sein wollte, machte ich mich rechtzeitig auf den Weg dorthin. Doch entgegen meiner Befürchtungen war ich bei Weitem nicht die Erste. Als ich mit dem Roller anfuhr, konnte ich schon rings um die Schule herum viele Kinder in ihren Uniformen erkennen. Außerdem waren vor dem Eingangstor der Schule überall kleine Imbissbuden aufgebaut und Eltern wie Kinder futterten munter Saté-Spieße oder tauschten sich aus. Insgesamt war also schon mächtig was los.
7.45 Uhr: Säubern des Schulgeländes und der Klassenzimmer
Am Schuleingangstor wurde ich anschließend gemeinsam mit den Kindern von einer Lehrerin begrüßt. Eine schöne Geste, wie ich fand. Direkt im Anschluss erfuhr ich auch schon von dem ersten täglichen Gemeinschaftsritual. Dieses besteht darin, dass die Kinder mit Strohbesen den Schulhof kehren und die Grünanlagen sowie ihr Klassenzimmer in Ordnung bringen. Dadurch sollen sie lernen, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Das fand ich gut.
7.55 Uhr: Gemeinsame Versammlung auf dem Schulhof der Grundschule
Danach machte ich mich auf den Weg ins Office. Dort angekommen traf ich auf viele gut gelaunte Kollegen. Nach einer kurzen Begrüßung nahm mich Yui mit auf den Schulhof und erklärte mir unterwegs, dass dort gleich die allmorgendliche Versammlung stattfinden würde. Ich war gespannt. Beim Blick von der Treppe in Richtung Schulhof konnte ich bereits sehen, wie sich alle 15 Grundschulklassen der Reihe nach nebeneinander aufstellten. Ich staunte nicht schlecht. Nicht nur wegen der Menge an Kindern, auf die ich blickte, sondern auch wegen der Art und Weise, wie diszipliniert und geordnet diese sich aufstellten.
Dabei waren die Kinder ausnahmslos in Uniform gekleidet. Auf Nachfrage erklärte mir Yui, dass jeweils die Prathom 1-3 sowie die Prathom 4-6 eine einheitliche Uniform trägt.
Info: Da an diesem Tag der traditionell einmal wöchentlich stattfindende „Pfadfindertag“ war, wich die Uniform ein bisschen von der herkömmlichen ab.
8.00 Uhr: Fahnenappell, Gebete und Lieder – gemeinsamer Schulbeginn
Als alle Kinder in Reih und Glied standen, begann die gemeinsame Versammlung mit dem Singen der thailändischen Nationalhymne und dem parallelen Hissen der Landesflagge. Dafür waren zwei Schüler zuständig. Die Musik zur Hymne wurde – wie traditionell üblich – vom Schulorchester gespielt.
Auf die Nationalhymne folgten zwei buddhistische Gebete und ein Lied zu Ehren des Königs. Anschließend informierten vier Schülerinnen über die Ergebnisse der Sauberkeitsinspektion. Da es an diesem Tag allen Kindern gelungen ist, die Klassenzimmer und das Gelände sauber zu halten, durften sie sich selbst applaudieren. Das taten sie mit besonderer Freude 🙂.
8.10 Uhr: Ansprache durch eine Lehrerin
Als der Applaus allmählich nachließ, hielt die Klassenlehrerin einer ersten Klasse eine Ansprache. Parallel versprachen die Kinder, sich am heutigen Tag sozial und höflich gegenüber ihren Mitmenschen zu verhalten.
8.15 – 8.25 Uhr: Gemeinsame Activity auf dem Schulhof der Grundschule
Im Anschluss daran war Activity angesagt. Alle 570 Schülerinnen und Schüler machten gemeinsam mit den Lehrern Gymnastik zu thailändischer Musik. „This is how we get fit every morning“, so Yui, während sie munter ihre Arme schlenkerte. Ich fand die Activity echt top. Alle bewegten sich zusammen, sangen, lachten und hatten Spaß. Das war toll. Und das Beste: Selbst ich als Neuling war sofort mittendrin statt nur dabei. Ein schönes Gefühl!
8.25 Uhr: Organisiertes Auflösen der Versammlung und Verteilen von Trinkpäckchen
Nach der Activity wurde die Versammlung organisiert aufgelöst. Doch bevor der Unterricht losgehen sollte, gab es noch eine Trinkpause. Dazu verteilten die Lehrer an alle Kinder ihrer Klasse Trinkpäckchen. Auch das ist ein tägliches Ritual, wie mir Yui verriet.
8.30 Uhr: Zusammenkommen im Klassenzimmer
Nachdem alle gestärkt waren, begleitete ich die Prathom 1 von Mr. Atthapaisal in ihr Klassenzimmer. Die Stimmung war schon auf dem Weg dorthin super.
Vor dem Klassenzimmer angekommen, gab es dann für mich wieder einiges zu entdecken. Zuerst fiel mir auf, dass kein Kind das Klassenzimmer mit Schuhen betrat. Vielmehr zogen die Kinder ihre Schuhe vorher aus, liefen auf Socken ins Klassenzimmer und stellten die Schuhe dort in ein Schuhregal. So gingen sie übrigens auch später vor, als sie das Klassenzimmer verließen. Natürlich tat ich es ihnen gleich und zog ebenfalls immer meine Schuhe aus. Allerdings brauchte ich dafür bei Weitem länger als sie 😉.
Im Klassenzimmer angekommen, stellte ich fest, dass alle 33 Kinder denselben Schulranzen mit einem Schullogo der Wat Lamai School besaßen. Außerdem hatte jedes Kind seine eigene Holzbank mit Ablagefach. Die Sitzordnung war frontal ausgerichtet, d.h. mit Blick auf die Lehrkraft, das Whiteboard und den Flachbild-TV, dessen Anwesenheit aufgrund der ansonsten eher spärlichen Einrichtung mich ehrlich gesagt überraschte.
Vorne, direkt neben dem Eingang entdeckte ich das Lehrerpult samt Ventilator.
8.45 Uhr: Der Unterricht beginnt an der Wat Lamai Grundschule
Um 8.45 Uhr betrat der Klassenlehrer das Klassenzimmer. Alle 33 Kinder waren plötzlich ganz ruhig, standen auf und begrüßten den Lehrer mit einem Wai, einer traditionellen thailändischen Geste. Sie schienen sich auf ihren Lehrer zu freuen. Auch ich war ehrlich gesagt überglücklich, als der Lehrer das Klassenzimmer betrat. Denn mir war enorm heiß und ich war wahnsinnig froh, als er die vier Ventilatoren anwarf 😉.
Ein bisschen überrascht war ich von seinem Outfit. Denn er trug eine lange schwarze Trainingshose und ein gelbes T-Shirt. Er kam also ziemlich locker daher. Ich hätte ihn eher in Uniform erwartet. Aber so war es umso besser, denn dadurch kam ich mir in meiner Haremshose und meinem T-Shirt nicht so alleine vor.
8.50 – 11.30 Uhr – Klassenunterricht der Prathom 1
1. Stunde – Thai
In der ersten Stunde fand Thai-Unterricht beim Klassenlehrer statt. Ich erfuhr, dass es im Thailändischen 20 Konsonanten gibt, die in 44 Schriftzeichen geschrieben werden. Ebenso wie 16 Vokale, die sich in 32 Schriftzeichen äußern. Eine ganze Menge an Buchstaben und Schriftzeichen also, die da gelehrt und gelernt werden müssen!
Auffallend war, dass die Kinder hier in der ersten Klasse Wörter wie Kokosnussmilch, König und Bambus lesen und schreiben lernten. Allerdings war es gleichzeitig auch verständlich, denn diese Wörter sind regional von großer Bedeutung und werden hier in Thailand insgesamt sehr häufig gebraucht.
In der ersten Stunde fand durchweg Frontalunterricht statt. So schrieb der Lehrer zum Beispiel die Vokale, Dipthonge und Triphtonge an die Tafel und die Kinder mussten diese anschließend in ihr Heft übertragen. Oder er hielt nacheinander verschiedene Wort-Bild-Kärtchen in die Luft und die Kinder lasen im Plenum die entsprechenden Wörter vor.
Auch die Leseseite im Thai-Buch zu den beiden Elefanten lasen wir komplett im Chor. Dabei war es während der gesamten Zeit nicht nur extrem laut, sondern es wuselten auch permanent viele Kinder durch den Klassenraum.
Nachdem wir die Seite im Buch gelesen hatten, schaltete der Lehrer einen Film dazu ein. In der Klasse wurde es deutlich ruhiger. Das Einschalten des Films erledigte Mr. Atthapaisal übrigens innerhalb einer Minute. Er verband einfach den Flachbild-TV, der über der Tafel hing, via HDMI-Kabel mit seinem Laptop und schon ging’s los. So einen „Luxus“ kannte ich aus meinem bisherigen Lehrerleben nicht. Ich musste mich in Deutschland bis zuletzt entweder mit der ganzen Klasse auf den Weg in den Filmsaal machen, was unglaublich zeitaufwändig war, oder ich musste einen Röhrenfernseher samt TV-Wagen ins Klassenzimmer rollen. Mit dem Ergebnis, dass der TV im Endeffekt wegen technischer Defekte nicht funktionierte 😉.
Aber zurück zur Stunde, in der ich persönlich erfuhr, wie schwer es ist, eine neue Sprache in einem fremden Schriftsystem zu lernen. Denn trotz aller Bemühungen des unglaublich lieben Klassenlehrers, der mich immer mit „teacher, teacher“ ansprach und sein Bestes gab, mir einige Wörter in Thai beizubringen, fiel mir das Erlernen der Sprache wirklich schwer. So musste ich sämtliche Wörter, die er mir nannte, immer erst in Lautschrift übertragen, bevor ich überhaupt eine Vorstellung bezüglich ihrer Aussprache hatte. An dem ganzen Tag „lernte“ ich auf diese Weise insgesamt drei Wörter (Schule [rongreīyn], klein [lĕk] und Sport [kīḷā]), die ich allerdings immer noch nicht richtig aussprechen geschweige denn in Thai schreiben kann.
Deshalb kann ich mich unglaublich glücklich schätzen, dass zufällig ein US-amerikanischer Junge die Klasse besuchte und als Dolmetscher einspringen konnte. Ansonsten wäre mir wohl nur die Zeichensprache geblieben. Damit sich mein Thai verbessert, bekam ich übrigens von Mr. Atthapaisal zwei gebrauchte thailändische Schulbücher zur Erinnerung geschenkt. Mit ihnen werde ich garantiert üben und sie werden in meinem Bücherregal auf jeden Fall einen Ehrenplatz erhalten. Schließlich war die Thai-Stunde für mich eine einzigartige und besonders wertvolle Erfahrung.
2. Stunde – Science
In der zweiten Stunde stand Science auf dem Plan. Dieses Fach wurde von einer anderen Lehrerin unterrichtet. In der beschriebenen Stunde waren der Mangobaum und der Apfelbaum Thema. Dazu malte die Lehrerin zu Beginn der Stunde einen Baum an die Tafel. Anschließend durften die Kinder die Teile des Baumes benennen, wobei die Lehrerin die Bezeichnungen parallel dazu an der Tafel festhielt.
Was ich währenddessen schön fand, war, dass immer die gesamte Klasse klatschte, wenn ein Kind als einziges etwas wusste. Wenn ein Kind einmal etwas Falsches sagte, war es auch nicht schlimm. Nur wurde dann eben nicht geklatscht. Das Beklatschen einer besonderen Leistung war übrigens nicht nur in dieser Unterrichtsstunde sondern allgemein in den Unterrichtsgesprächen üblich.
Nachdem alle gemeinsam den Baum an der Tafel beschriftet hatten, erklärte die Lehrerin ein Arbeitsblatt, das es anschließend in Einzelarbeit zu bearbeiten galt. Auch ich durfte eins ausfüllen, was nicht nur mich, sondern auch die Kinder sehr freute. Denn sie wollten mir so gerne helfen und ich war wirklich froh darüber. Denn wie es um mein Thai steht, berichtete ich ja weiter oben schon.
Aus dieser Einzelarbeitsphase blieb mir übrigens ein Bild besonders in Erinnerung. So stellte die Lehrperson für alle Kinder, die ihre Buntstifte zu Hause vergaßen oder schlicht keine hatten, eine Kiste mit Stiften auf den Boden. Dieses Angebot nutzen die Kinder sehr dankbar. Sie versammelten sich um die Kiste, teilten die Stifte und arbeiteten richtig partnerschaftlich zusammen. Das war schön zu sehen!
Auf ein Signal der Lehrerin hin stellten sich schließlich alle Kinder mit ihrem Arbeitsblatt in einer Reihe vor dem Pult auf. Sie übergaben ihr Arbeitsblatt der Lehrerin zur Kontrolle und bedankten sich jeweils mit einem Wai dafür, dass sie in dieser Stunde von ihr etwas beigebracht bekamen.
Der Umgang mit Heterogenität war in keiner der Stunden ein wirkliches Thema
Der Umgang mit Heterogenität war in dieser Stunde übrigens kein wirkliches Thema – genau wie in den restlichen Stunden auch nicht. Die Lehrer schrieben allen Kindern das gleiche Ausgangsniveau zu. Ob das nun Tatsache war oder nicht, schien egal. Je nach Lerntempo durften die schnelleren Kinder manchmal noch die Bildchen auf dem AB ausmalen oder gegebenenfalls eine kurze Pause einlegen. Weitere Differenzierungsangebote gab es seitens der Lehrpersonen nicht. Die Stunden waren fix, ob jemand den Inhalt verstanden hatte beziehungsweise im vorgegebenen Zeitraum fertig wurde, schien nebensächlich. Man schritt simultan im Stundenplan voran.
„Abspicken“ oder „Co-Working“ waren dennoch Differenzierungsmethoden, die die Kinder immer wieder von sich aus anwandten und die ihnen auch gerne gestattet wurden. Dafür nahmen sie sogar weite Wege auf sich 😉.
Auch wenn ich mir vorher unter Science-Unterricht etwas komplett anderes vorstellte, bin ich dennoch sehr froh, dass ich diese Stunde miterleben durfte. Denn ich konnte nicht unbedingt bezüglich Methodik oder Differenzierung etwas Neues lernen (wobei man diesbezüglich sicherlich auch die beachtliche Klassengröße im Hinterkopf haben muss!), dafür aber bezüglich Zusammenarbeit und Gemeinschaft. Denn wie die Kinder zusammenarbeiteten, war einfach großartig!
3. Stunde – Mathematik
In der dritten Stunde unterrichtete wieder der Klassenlehrer. Diesmal Mathematik. Zu Beginn der Stunde übte er gemeinsam mit den Kindern die Subtraktion an der Tafel. Besonders gute Leistungen wurden wieder beklatscht und alle schienen sichtlich ihren Spaß mit dem Zahlenstrahl zu haben.
Nach der gemeinsamen Einführung teilte der Lehrer den Kindern die Mathebücher aus. Einzelarbeit war angesagt. Doch diese Ansage nahmen weder der Lehrer noch die Kinder beim Wort, denn Co-Working wurde auch in dieser Unterrichtsstunde gelebt.
Insgesamt bestimmte der Frontalunterricht den Vormittag. Viele Unterrichtsinhalte wurden im Kanon thematisiert. Dabei waren die Kinder in allen drei Stunden relativ laut. Verwunderlich war es allerdings nicht, denn es gab unter anderem während der gesamten Unterrichtszeit am Vormittag keine einzige Pause. Und es wurden zu keiner Zeit die Lernausgangslagen und die Interessen der einzelnen Kinder berücksichtigt. Es wurde simultan bearbeitet, was durch das entsprechende Schulbuch vorgeschrieben war.
Dennoch hätte ich das Verhalten der Kinder im Vorfeld anders erwartet. Wegen der allgemeinen Rahmenbedingungen (Uniform, Disziplinarmaßnahmen …). Aber auch wegen der Sitzordnung, die das Interagieren und Kommunizieren nicht unbedingt begünstigt, wenn man mal von dem ausgeht, was man in Fachliteratur so liest. Doch die Art und Weise der Sitzordnung war in der Prathom 1 wirklich nebensächlich. Wenn man was von seinem vorderen oder hinteren Sitznachbarn wissen wollte, kletterte man einfach über die Bank. Ich musste mit einem Schmunzeln spontan an den Satz denken: Uns halten nur die Grenzen, die wir uns selbst setzen! Und fand das Chaos, das mich anfangs total beunruhigte am Ende irgendwie amüsant. Lernförderlich war es aufgrund der Lautstärke natürlich trotzdem nicht 😉.
Von 11.30 – 12.30 Uhr war schließlich gemeinsame Mittagspause. Diese war für alle Kinder verpflichtend, ebenso wie der anschließende Nachmittagsunterricht. Bevor wir zum Essen gingen, mussten sich alle Kinder der Klasse in zwei Reihen vor dem Saal aufstellen. Nachdem sie sich beim Lehrer für den Vormittagsunterricht mit einem Wai bedankt hatten, ging’s los in Richtung Essensausgabe. Diese war unterteilt. So holten sich die Kinder der Prathom 1-3 an einer anderen Stelle Essen als die Kinder der Prathom 4-6. Ein Menü auswählen durften sich die Kinder übrigens nicht. Es gab für alle dasselbe. Allerdings durfte man natürlich auf einzelne Menübestandteile verzichten.
Nach dem Essen spülten die Kinder selbst ihr Geschirr ab und stellten es zum Trocknen beiseite.
Dann durften sie spielen gehen und die Lehrer versammelten sich zum Essen. Denn auch das tägliche gemeinsame Mittagessen aller 23 Lehrer ist ein festes Ritual an der Wat Lamai School. Ebenso wie die Tatsache, dass die Kinder anschließend wieder vorbeikommen, um das Geschirr der Lehrer abzuräumen sowie deren Tische abzuwischen. Das gemeinsame Mittagessen gefiel mir echt gut. Man kam an einer langen Tafel zusammen, aß gemeinsam, konnte sich austauschen und jeder gehörte dazu. Das war ein schönes Gemeinschaftsgefühl. Dass die Kinder das Geschirr der Lehrer wegräumten, war für den Tag in Ordnung. Ein großer Fan war ich davon insgesamt aber nicht.
12.30 Uhr – 15.30 Uhr: Erneuter Klassenunterricht an der Wat Lamai Grundschule
5. Stunde – Fächerverbindender Unterricht: Mathe – Thai – Kunst – Englisch
Nach der Mittagspause ging es wieder im Klassenverband weiter. Bei der Prathom 1 war fächerverbindender Unterricht angesagt. Unterrichtsthema waren die Ziffern 1 bis 10. Dazu schrieb der Klassenlehrer die arabischen Ziffern ans Whiteboard. Anschließend durften die Kinder jeder arabischen Ziffer das entsprechende Thai-Schriftzeichen zuordnen. Dann wurden die Zahlen mit Mengen in Verbindung gebracht. Dazu malten wir neben jede Ziffer eine entsprechende Menge an Symbolen. Am Ende schrieben wir die Zahlwörter dahinter.
6. Stunde – Science/Thai
In der darauffolgenden Unterrichtsstunde waren die Körperteile Thema. Zu Beginn der Stunde schrieb der Lehrer vier kurze Texte in Thai an die Tafel und malte unter jeden Text zwei verschiedene Körperteile zum Ankreuzen. Anschließend war es Aufgabe der Kinder, das Tafelbild ins Heft zu übertragen. Zudem mussten sie jeweils den kurzen Rätseltext selbst erlesen und danach unter dem Text in ihrem Heft das entsprechende Körperteil ankreuzen.
In dieser Stunde waren die Kinder insgesamt sehr zappelig und unruhig. Mir selbst ging es allerdings nicht anders. Ich merkte, wie meine Konzentration mit Verlauf des Tages sichtlich nachließ. Auch das stille Sitzen auf dem kleinen und zudem auch harten Holzstuhl fiel mir von Stunde zu Stunde schwerer. Ob es daran lag, dass ich alt werde 😉?
7. Stunde – Pause & Film schauen
Doch der Klassenlehrer reagierte prompt auf die Unruhe, die sich in der Klasse breit machte. Wir legten eine 20-minütige Bewegungspause ein. Anschließend ließ Mr. Atthapaisal den Schultag mit einem Film allmählich ausklingen.
15.30 Uhr: Abholen der Kinder am Klassenzimmer
Das Schulende unterschied sich deutlich von dem, das ich bisher kannte. So blieben alle Kinder so lange im Klassenzimmer, bis sie dort von einem Elternteil oder einem Geschwisterkind persönlich abgeholt wurden. Das heißt, die Kinder stürmten nach Schulschluss keineswegs aus dem Klassenzimmer.
Vielmehr stellte jedes Kind, nachdem seine Begleitung an der Klassenzimmertür eintraf, ordentlich seinen Stuhl hoch, holte seine Schuhe aus dem Regal, lief zum Lehrer, bedankte sich vor dem Gehen nochmals mit einem Wai für den Unterricht und ging erst dann aus dem Klassenzimmer.
Fazit zu meinem Besuch an der Wat Lamai Grundschule
Zusammenfassend kann ich festhalten, dass der Tag an der Wat Lamai Grundschule und der kulturelle Austausch mit den Lehrern und Kindern für mich sehr gewinnbringend war. Ich lernte einen Teil des thailändischen Schulsystems kennen, lebte ein bisschen thailändische Kultur und sammelte dabei viel Erfahrung.
Insgesamt musste ich feststellen, dass die Unterschiede dieser thailändischen Grundschule im Vergleich zu den deutschen Grundschulen, an denen ich unterrichtete, riesig sind. Angefangen bei der Klassengröße, die an der Wat Lamai Schule bei durchschnittlich 40 Kindern pro Klasse lag, über Unterrichtsmethoden, die sich zumindest in der ersten Klasse auf den Frontalunterricht beschränkten und Unterrichtsfragen, die hier allein der Lehrperson legitimiert waren. Aber auch über Schuhe, die es beim Betreten des Klassenzimmers konsequent auszuziehen galt, Lehrer, die mit dem Vornamen angesprochen wurden und Toilettenpausen, die nicht vorgesehen waren.
Absolut positiv überrascht war ich am Ende des Tages von der guten technischen Ausstattung. Am meisten begeisterten mich an der Wat Lamai Grundschule allerdings die Freundlichkeit, die gute Laune und der Gemeinschaftssinn. Alle waren so herzlich und arbeiteten so gut miteinander zusammen. Ich fühlte mich nicht nur von Anfang an willkommen, sondern war auch die ganze Zeit über ein selbstverständlicher Teil des Geschehens. Geprägt von unendlich vielen lächelnden Gesichtern bleibt mir der Tag an der Wat Lamai Grundschule daher am Ende als etwas ganz Besonderes in Erinnerung. Danke, dass ich zu Besuch sein durfte 😘!