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Nachdem wir uns in Mexiko ein wenig eingelebt hatten, wollte ich unbedingt eine traditionelle mexikanische Grundschule besuchen. Deshalb machte ich mich auf die Suche nach einer Escuela Primaria (dt.: Grundschule) in der Nähe unserer Unterkunft in Tulum. Etwa 500 m von unserer Unterkunft entfernt, fand ich die Escuela Primaria Julio Ruelas.
Mauern umgeben das Schulgelände der Escuela Primaria Julio Ruelas
An der Grundschule angekommen, blickte ich zunächst auf eine circa 2,50 m hohe Betonmauer, die das Schulgelände ringsherum umgab. Zutritt konnte man nur durch das Schuleingangstor erhalten. Wie ich später erfuhr jedoch üblicherweise nur morgens zu Schulbeginn und mittags zu Schulende. Während der restlichen Zeit war das Eingangstor aus Sicherheitsgründen mit einem Schloss verriegelt. Doch ich hatte Glück. Wie es der Zufall so wollte, erblickte mich die Putzfrau vor dem Tor und erlaubte mir nach kurzer Kommunikation das Schulgelände zu betreten. Im Computerraum durfte ich auf den Englischlehrer warten.
Informationen zur Schule und zum mexikanischen Schulsystem
Nach der Begrüßung und einem ersten kommunikativen Austausch vereinbarten wir einen Observationstermin. Danach führte mich der Englischlehrer noch ein bisschen über das Schulgelände und nannte mir nebenbei einige Informationen zur Schule und zum mexikanischen Schulsystem.
Die Escuela Primaria umfasst die Klassenstufen 1 bis 6
So erfuhr ich, dass die Escuela Primaria Julio Ruelas vor 42 Jahren von Julio Ruelas gegründet wurde. Sie war somit die erste Schule in Tulum. Insgesamt sind an der Schule – wie an jeder mexikanischen Grundschule – die Klassenstufen eins bis sechs vertreten. Verteilt auf eben diese Klassenstufen gibt es an der Escuela Primaria Julio Ruelas zurzeit zwölf Klassen – davon pro Klassenstufe eine A und eine B Klasse.
Voraussetzung für die Einschulung ist der Besuch der Preescolar
Voraussetzung für die Einschulung ist, wie mir der Lehrer erklärte, seit dem Schuljahr 2008/2009 der Besuch der Vorschule, auch Preescolar oder El Kinder genannt. Dort sollen die Kinder laut des Plan de Estudios 2011 Educatión Básica in den Themengebieten „Sprache & Kommunikation“, „mathematisches Denken“, „Entdecken & Verstehen der Welt“, „Körperliche Entwicklung & Gesundheit“, „Persönliche & Soziale Entwicklung“ sowie „Künstlerischer Ausdruck & Kunstverständnis“ gefördert werden.
Auf die Escuela Primaria folgt die Escuela Secundaria
Nach der Grundschule, so der Englischlehrer weiter, besuchen die Kinder die Mittelschule, oder auch Escuela Secundaria. Danach ist die offizielle Schulpflicht erfüllt. Dennoch besteht – wie mir der Lehrer erklärte – die Möglichkeit, für weitere drei Jahre die Oberschule, auch Escuela Preparatoria genannt, zu besuchen und das Bachillerato (dt.: Abitur) zu erlangen.
Rundgang über das Schulgelände der Escuela Primaria Julio Ruelas
Bungalow-Architektur
Während wir über das Schulgelände liefen, nahm ich wahr, dass die Klassen nicht in einem einzigen Gebäudekomplex untergebracht waren. Stattdessen kam jeder Klassenstufe eine Bungalowreihe zu, in der die Klassenzimmer wie Reihenhäuser aneinander gebaut waren. Dadurch hatte man zu allem Räumen barrierefreien Zugang. Das macht die Schule behindertengerecht, wie mir der Klassenlehrer durch Deuten auf ein Rollstuhl-Symbol mitteilte.
Abgesehen von den Klassenzimmern gab es auf dem Schulgelände noch eine winzige Bibliothek, eine Frühstückskantine, ein Sekretariat, ein Lehrerzimmer, Sanitäranlagen und einen Sportplatz.
Mangelnde technische Infrastruktur
Der Computerraum mit immerhin drei (!) funktionierenden Computern sei nicht der Rede wert, wie der Englischlehrer mit einem Schmunzeln anmerkte. Amüsiert fügte er hinzu, dass die Förderung digitaler Kompetenzen laut des Bildungsplans Bestandteil sämtlicher Fächer sei. Mit der mangelnden technischen Infrastruktur im Schulalltag allerdings ein Ding der Unmöglichkeit ist.
Vergitterte Fenster und Türen
Die Fenster und Türen waren komplett mit Gittern versehen. „Aus Sicherheitsgründen und weil es traditionell üblich ist.“ Diese Aussage sah ich während meiner Weiterreise durch Mexiko bestätigt.
Wunsch nach einem besseren Betreuungsschlüssel
Zurück zu den Zahlen erklärte mir der Lehrer, dass die Klassenstärke in diesem Schuljahr an der Julio Ruelas-Grundschule bei durchschnittlich 35 Kindern liegt. Diese Klassenstärke erachte er als zu hoch, da es seiner Meinung nach unheimlich schwer wäre, eine so große Anzahl an Kindern permanent alleine zu betreuen. Davon, ob man jedem einzelnen Kind gerecht wird, wollte er erst gar nicht anfangen. Er meinte: Das könne man bedauerlicherweise vergessen.
Niedriger Betreuungsschlüssel – ein weltweites Problem?!
Dabei fand ich interessant zu hören, dass bezüglich des zu niedrigen Betreuungsschlüssels weltweit die gleichen Probleme herrschen. Denn bereits bei meinem Besuch an der Wat Lamai Schule in Thailand erfuhr ich von den dortigen Lehrpersonen, dass auch sie mit derart hohen Schülerzahlen (40-50 Kinder/Klasse) konfrontiert sind und von daher das Gefühl haben, keinem Kind gerecht zu werden. Von deutschen Grundschulen kenne ich ähnliche Probleme. Allerdings befinden wir uns in Deutschland mit durchschnittlich max. 25 Kindern pro Klasse nahezu in einer Luxussituation. Das sehen zumindest meine ausländischen Kollegen so 😉.
Ausblick auf den morgigen Tag an der Escuela Primaria Julio Ruelas
Wie auch immer. Wie ich zum Abschluss unseres Rundgangs über das Schulgelände erfuhr, beginnt der Unterricht an der Escuela Primaria Julio Ruelas montags bis freitags um 7.30 Uhr. Allerdings muss man um 7.15 Uhr pünktlich zum Einlass am Tor sein. Denn danach wird es verriegelt.
Ich werde also morgen mein Bestes geben, um pünktlich am Schuleingangstor zu sein. In einem separaten Artikel berichte ich dann ausführlich über meinen morgigen Tag in der Klasse 1A. Bis dahin!